Wie wird man Logopäde / Logopädin? Ein Interview mit einer Logopädin in Ausbildung

Wie wird man Logopäde / Logopädin? Interview mit einer Logopädin in Ausbildung

Tabea ist im zweiten Ausbildungsjahr zur Logopädin in Heidelberg. Kennengelernt haben wir uns aber schon vor vielen Jahren! Denn während meines Bachelor-Logopädiestudiums in Idstein habe ich im Haus von Tabeas Familie gewohnt und war oft Babysitterin für sie und ihre Brüder. Für mich ist es deshalb etwas ganz Besonderes, dass ich Tabea nun als junge Frau wieder getroffen habe und ein Interview mit ihr führen durfte. 

Im Interview erzählt Tabea über ihre Erfahrungen als Azubi-Logopädin und gibt Tipps für die Entscheidungsfindung bei der Berufswahl.

Also, mein Weg war eigentlich gar nicht so direkt zur Logopädie. Ich habe nach dem Abi ein Auslandsjahr gemacht und habe danach erstmal angefangen, 5 Semester lang evangelische Theologie zu studieren. Ich habe dann aber gemerkt: Das ist nicht so ganz meins und nicht der Weg, den ich bis zum Ende gehen möchte. Da war es aber mitten in der Coronazeit und alle Studiengänge nur online. Also habe ich mir ein Semester Zeit genommen, um in verschiedene Berufe reinzuschnuppern und mich zu bewerben. 

Ich hatte viele Ideen, was mich interessiert. Aber es gab nicht das Eine, von dem ich genau wusste: Das will ich machen! Irgendwann war ich an dem Punkt, dass ich gar nicht mehr wusste, wie ich mich entscheiden soll. Ich habe schließlich meine Freunde gefragt: Was würdet ihr mir denn empfehlen, was ich machen soll? Zwei Freundinnen haben dann unabhängig voneinander gesagt: „Logopädie wäre doch voll das, was alle deine Interessen verbindet.“

Ich wusste, was Logopädie ist, weil ich selbst als Kind in logopädischer Therapie gewesen bin. Trotzdem hatte ich diesen Beruf bisher nicht auf dem Schirm. Ich hab mich dann eingelesen und mich informiert, wie man Logopädin wird, ob Studium oder Ausbildung für mich besser passt und welche Ausbildungsorte es gibt. Da ich gerne in Heidelberg bleiben wollte, habe ich noch kurz vor Bewerbungsschluss meine Bewerbung an der Berufsfachschule für Logopädie in Heidelberg abgegeben. Und ja: Dann hat es zum Glück geklappt!

Ist es immer noch so, dass es sehr viel mehr Bewerbungen als Ausbildungsplätze gibt?

Ja, das ist immer noch so, aber nicht mehr ganz so krass wie es früher mal war, als es mehrere tausend Bewerbungen gab für 10 Plätze. Jetzt gibt es meistens um die 200 Bewerbungen für 10 Plätze, was ja immer noch sehr viel ist.

Tatsächlich war ich am Anfang auf der Nachrückliste und hatte es da eigentlich schon abgeschrieben, dass ich noch einen Platz bekomme. Ich hatte schon überlegt, ob ich dann doch Theologie weiterstudieren soll, obwohl ich das eigentlich gar nicht mehr will. Da rief mich plötzlich die Sekretärin der Logopädieschule an und sagte: „Es ist jemand abgesprungen, Sie können zu uns kommen, wenn Sie wollen.“ Da musste ich dann innerhalb von zwei Stunden entscheiden, was ich will. Also hab ich gedacht: „Okay, dann machen wir das jetzt!“ und hab zugesagt.

 

Gab es schon Momente, in denen du deine Entscheidung, Logopädin zu werden, bereut hast?

Bereut nicht, nein. Aber im Moment ist es so viel Lernstoff, dass es teilweise schwierig ist, den Spaß daran zu behalten. Das ist im Moment eine Herausforderung, alles zu schaffen und den Spaß nicht zu verlieren. Aber an sich habe ich die Entscheidung nicht bereut.

Gibt es Bereiche in der Logopädie, die du besonders spannend findest?

In diesem Semester haben wir mit Stimmunterricht angefangen und den finde ich sehr interessant: Was passiert genau bei der Stimmgebung und was beeinflusst wie die Stimme? Wie macht man eine Stimmfeldmessung? Das finde ich auch persönlich interessant, weil ich gerne singe, und könnte mir vorstellen, in diesem Bereich später intensiver zu arbeiten.

In den ersten zwei Semestern haben wir mit dem Bereich Kindersprache begonnen und dort auch die ersten Patient*innen bekommen. Jetzt kommen auch andere Themen hinzu, zum Beispiel hatten wir gerade das Thema „Laryngektomie“. Im nächsten Semester kommt dann die Neurologie dazu. Ich bin gespannt, wie mir das gefallen wird.

Du hast ja schon erwähnt, dass es verschiedene Wege gibt, Logopäde / Logopädin zu werden: Bachelorstudium oder Ausbildung. Was sind die Unterschiede und warum hast du dich für die Ausbildung entschieden?

Mein Eindruck ist, dass die Ausbildung praxisorientierter ist als das Studium. Wir haben schon im ersten Jahr eigene Patientinnen und Patienten, die wir unter Supervision behandeln dürfen. Unsere Schule ist an die Uniklinik Heidelberg angegliedert. Über die Ambulanz dort können wir Patient*innen behandeln. 

Im zweiten Semester habe ich meinen ersten Patienten bekommen und seit dem dritten Semester darf ich zwei Kinder behandeln, zusammen mit einer Co-Therapeutin. Wir therapieren also zu Zweit und wechseln uns ab. Jede zweite Stunde ist auch eine Lehrlogopädin dabei mit anschließendem Reflexionsgespräch.

Das heißt, man hat von Anfang an schon ganz viel Praxis in der Ausbildung mit drin: Zum einen die eigenen Patient*innen und zusätzlich in jeden Semesterferien noch ein vierwöchiges Praktikum. Das heißt, am Ende der Ausbildung hat man wirklich das Gefühl, man weiß, was man tut und konnte schon ganz viel ausprobieren.

Mir war dieser Praxisbezug nach dem Theologiestudium besonders wichtig, weil Theologie wirklich sehr theoretisch war. Das war für mich der ausschlaggebende Punkt für die Ausbildung und nicht für das Logopädiestudium. Hier in Heidelberg gibt es auch die Möglichkeit, ab dem zweiten Lehrjahr dual ein Bachelorstudium anzufangen. Ich kann mir aber auch nach der Ausbildung noch überlegen, ob ich noch einen akademischen Grad haben möchte.

Was wünschst du dir, wenn du an deinen Berufsstart denkst?

Ein bisschen Zeit bis dahin ist ja noch. Aber in den Praktika habe ich gemerkt, dass es sehr wertvoll ist, wenn man ein nettes Team in der Praxis hat, das einem als Berufsanfängerin hilft. Denn am Anfang hat man natürlich noch super viele Fragen. Da ist es gut, mit erfahrenen Kolleginnen Rücksprache halten zu können und vielleicht auch Supervision zu bekommen.

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, nach der Ausbildung zum Beispiel in einer Klinik oder einer Praxis zu arbeiten, teilweise auch dadurch beeinflusst, welchen fachlichen Schwerpunkt man gerne legen möchte. Aber im Moment kann ich mir vorstellen, in einer logopädischen Praxis zu arbeiten und sowohl Kinder als auch Erwachsene zu therapieren.

Mir haben tatsächlich schon beide Praxen, in denen ich im Praktikum war, gesagt: „Wir können dir natürlich keine Versprechungen machen, aber wenn du fertig bist, dann melde dich und wir schauen mal.“ Also im Moment hat man in der Logopädie wirklich gute Berufsaussichten.

Hast du noch einen Tipp an jemanden, der oder die überlegt, Logopäde / Logopädin zu werden?

Es ist auf jeden Fall gut, vorher mal in einer logopädische Praxis ein Praktikum zu machen, um sich den Arbeitsalltag anzugucken. Denn wenn man Patient an Patient behandelt, kann das schon auch anstrengend sein. Da sollte man also vorher wissen, was auf einen zukommt.

Und dann ist es auch sinnvoll, sich vorher ein wenig mit den Inhalten zu beschäftigen. Ich habe vorher auf der Website unserer Schule geguckt: Was sind das überhaupt alles für Fächer? Für mich war das auch ein Anreiz, weil ich gesehen habe, wie differenziert die Fächer sind und was es alles für logopädische und medizinische Fächer gibt. Es gibt halt nicht nur die Kinder, die lispeln und Erwachsene, die keine Stimme mehr haben, sondern auch noch viele Störungsbilder, von denen ich vorher noch nie was gehört habe. Dadurch habe ich gemerkt, dass ich es spannend finden würde, mich mit diesen Fächern näher auseinanderzusetzen.

Mein bester Tipp ist, andere zu fragen, die gerade Logopädin werden. Die können einem wirklich einen echten Einblick geben und eine realislstische Einschätzung, ob der Beruf was für einen sein könnte oder nicht.

Vielen Dank, Tabea, dass du so offen von deinem Weg erzählt hast! Bestimmt hilfst du damit vielen Leser*innen, die sich für den logopädischen Beruf interessieren. Ich wünsche dir alles Gute für die zweite Hälfte deiner Ausbildung und viel Spaß beim Start ins Berufsleben!

Tabea ist im 2. Jahr der Ausbildung zur Logopädin an der Schule für Logopädie am Universitätsklinikum Heidelberg.

Mehr Informationen zur Logopädieausbildung und zum Bachelor-Studium bekommst du beim Deutschen Bundesverband für Logopädie e.V. (dbl).

Hast du Fragen an Tabea oder an mich rund um die Logopädie? Dann stelle sie gerne hier in den Kommentaren. Falls du selbst Logopäde / Logopädin oder Sprachtherapeut*in bist: Wie ging es dir während der Ausbildung oder des Studiums? Was würdest du jungen Berufsanfänger*innen empfehlen?

Lesetipp: Wenn du wissen willst, wie ich (Wiebke) meinen Weg zur blog-schreibenden Logopädin gefunden habe, dann lies gerne hier weiter: „Mein Weg zur bloggenden Logopädin“.

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Wiebke Schomaker Logopädin

Hallo, hier schreibt Wiebke!

Ich bin Logopädin, Autorin dieses Blogs und Mutter von drei Kindern. Hier findest du Infos zur Sprachentwicklung und Tipps, wie du dein Kind beim Sprechenlernen kompetent und spielerisch begleiten kannst.

Viel Spaß beim Lesen! 🤩

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