„Mein Kind ist 4 Jahre alt und liebt seinen Schnuller. Ich weiß nicht, wie ich ihm den Schnuller abgewöhnen soll. Wiebke, hast du Tipps für mich?“
Diese Frage hat mich als Logopädin vor Kurzem erreicht. Weil ich weiß, dass viele Eltern vor dem Problem „Schnuller abgewöhnen“ stehen, findest du meine Tipps nun auch hier.
Nicht alle Tipps passen zu jedem Kind. Deshalb gibt es in diesem Artikel eine Sammlung unterschiedlicher Ideen und Herangehensweisen, damit du den für euch besten Weg zum Schnuller abgewöhnen finden kannst.
Inhalt des Artikels
Tipp 1: Kläre für dich, warum du den Schnuller abgewöhnen möchtest
Für Kinder ist es nicht einsichtig, warum es sinnvoll sein könnte, auf den Schnuller zu verzichten. Denn der Schnuller ist seit Babyzeiten ein wichtiger Tröster, Begleiter und Beruhiger.
Umso wichtiger ist es, dass du weißt, welche negativen Folgen langes Schnullern haben kann. So kannst du mit einer inneren Überzeugung und Klarheit das „Projekt Schnullerfrei“ angehen.
Hier sind knapp zusammengefasst die zwei wichtigsten Argumente fürs Schnuller abgewöhnen:
- Der Schnuller drückt die Zunge im Mund nach unten. Diese kann ihre natürliche Ruhelage oben am Gaumen nicht einnehmen. Auf Dauer entwickelt sich dadurch ein hoher, schmaler Gaumen, der zu wenig Platz für die bleibenden Zähne lässt.
- Durch den Schnuller bleiben die Lippen leicht geöffnet. Dadurch kann Mundatmung begünstigt werden. Informationen zur Mundatmung bei Kindern und ihren Folgen findest du hier.
Tipp 2: Schnullerzeit zunächst reduzieren
Es muss keine Alles-oder-Nichts-Lösung geben. Die negative Wirkung des Schnullers auf Kiefer- und Mundentwicklung sowie auf die Nasenatmung hängt stark von der Dauer des Schnullerns ab.
Je nach Alter deines Kindes kannst du mit ihm besprechen, zu welchen Zeiten es unbedingt einen Schnuller braucht, zum Beispiel beim Einschlafen oder nach der Kita. Wenn dein Kind nur für einige Minuten einen Schnuller im Mund hat und es anschließend schafft, ihn wieder abzugeben, ist ein großer Schritt Richtung Schnullerfreiheit geschafft.
Bei einigen Kindern ist es möglich, den Schnuller nach dem Einschlafen vorsichtig aus dem Mund zu ziehen und den Mund anschließend sanft zu schließen (mit leichtem Druck unter dem Kinn). So kann dein Kind für den Rest der Nacht (oder bis zum nächsten Aufwachen) mit geschlossenem Mund und Nasenatmung schlafen.
Tipp 3: Suche nach Alternativen zum Saugen
Der Schnuller kann durch das vertraute Saugen die überwältigenden Gefühle regulieren, die ein Kleinkind täglich erlebt. Aus diesem Grund ist er auch so schwer abzugewöhnen. Das Saugbedürfnis selbst nimmt aber ab dem Babyalter immer weiter ab. Deshalb können Kindern auch Alternativen zum Schnuller helfen, sich zu regulieren.
Hier sind ein paar Beispiele:
- Kauringe, zum Beispiel den texturierten Grabber von ARK, der mit seiner unterschiedlichen Oberfläche die Wahrnehmung im Mundbereich stimulieren und durch das Kauen Stress und Überreizung reduzieren kann
- Kuscheltiere und Tücher
- Beruhigungsbändchen, zum Beispiel das Anni Manni
- Kuscheln, Tuchschaukeln oder schwere Decken können ebenfalls helfen, die Gefühle von Kleinkindern zu regulieren. Mehr zum Thema „sensorische Integration in der Logopädie“ findest du bei Katja Ebeling.
Tipp 4: Nutze Erkältungsphasen
Wenn die Nase verstopft ist, muss durch den Mund geatmet werden. Dadurch wird das Saugen am Schnuller immer wieder unterbrochen. Manche Kinder mögen deshalb den Schnuller nicht so gerne, während sie erkältet sind, andere brauchen ihn dann ganz besonders.
Falls dein Kind zu ersteren gehört, kannst du deinem Kind in dieser Erkältungsphase Alternativen zum Schnuller angewöhnen, zum Beispiel gemeinsames Kuscheln und Vorlesen, ein Kuscheltier oder einen Kauring.
Vielleicht klappt es und dein Kind braucht den Schnuller anschließend nicht mehr oder akzeptiert zumindest auch Alternativen.
Tipp 5: Baut eine Schnullergarage
Für viele Kinder ist es hilfreich, genau zu wissen: „Zu diesen Zeiten kann ich schnullern, den Rest der Zeit schläft der Schnuller.“ Es ist deshalb sinnvoll, wenn der Schnuller einen festen Platz bekommt.
Du kannst zum Beispiel gemeinsam mit deinem Kind eine Schnullergarage aus Legosteinen bauen. Von verschiedenen Anbietern gibt es auch schöne selbstgenähte Schnullergaragen, die ans Bett gehängt werden können.
Tipp 6: Lasse das Zungenband überprüfen
Das Zungenband ist ein kleines Bändchen unterhalb der Zunge. Bei manchen Menschen ist es so kurz, dass die Zunge nicht mehr ihre natürliche Lage oben am Gaumen einnehmen kann. Die Zungenruhelage am Gaumen hat eine beruhigende Wirkung, weil es das Nervensystem, welches für Ruhe und Entspannung zuständig ist (den Parasympathikus), aktiviert.
Deshalb sind Kinder mit zu kurzem Zungenband oft besonders leidenschaftliche Schnuller- oder Daumennutzer. Denn sie brauchen den Schnuller oder Daumen, um den Gaumen zu berühren und sich so zu beruhigen.
Hier erfährst du mehr zum verkürzten Zungenband
Tipp 7: Schnullerfee und Osterhase? Warum die Trauer trotzdem groß ist
Oft wird dazu geraten, Kindern mit Tauschgeschäften das Schnullerabgeben schmackhaft zu machen. Zum Beispiel wird der Schnuller dem Osterhasen ins Nest gelegt oder die Schnullerfee kommt nachts und lässt im Austausch für den Schnuller ein Geschenk da.
Diese Rituale können Kindern helfen zu begreifen: Jetzt bin ich groß und brauche keinen Schnuller mehr.
Aber auch wenn die Schullerfee oder der Schnullerbaum mit dem Kind abgesprochen sind: Drei- und vierjährige Kinder können die Tragweite eines solchen Tauschgeschäftes noch nicht abschätzen. Die Enttäuschung und die Trauer sind deshalb bei vielen Kindern trotz Geschenk groß, sobald der Schnuller vermisst wird. Hier ist also, genauso wie beim Abgewöhnen ohne Geschenk, ein Begleiten der Trauer und ein Suchen nach Alternativen für die Gefühlsregulation nötig.
Tipps zum Weiterlesen
In meinem Artikel „Wieviel Schnuller ist zu viel?“ erkläre ich genauer, ab wann und warum sich ein Schnuller auf Sprache und Mundentwicklung auswirken kann:

Falls du bei deinem Kind bemerkst, dass es sich Mundatmung angewöhnt hat, könnt ihr in meinem Kinderfachbuch „Ida und das Wunder der Atmung“ spielerisch die Nasenatmung entdecken:

Der Elefant Elo hat Rüsselschnupfen und kann deshalb nur durch den Mund atmen. Das Problem: Elo ist der Star des Rüsselballteams und muss bis zur Weltmeisterschaft unbedingt wieder rüsselatmen können!
Zum Glück begegnet Elo dem Mädchen Ida. Ida hat viele gute Ideen, wie sie Elo helfen kann. Ob Elo es schafft, bald wieder mit seinem Rüssel zu atmen?
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