Babygebärden lernen, Wie geht die Babyzeichensprache?

Babygebärden lernen: Einfache Anleitung zur Babyzeichensprache

Du willst deinem Baby oder Kleinkind die Babyzeichensprache beibringen, aber weißt nicht, wie du anfangen sollst? Hier findest du eine einfache Anleitung für den Start mit Babygebärden. Außerdem beantworte ich die häufigsten Fragen zur Babyzeichensprache und zeige dir fünf Gebärden, mit denen du beginnen kannst.

1. Schritt: Babygebärden auswählen

Suche dir 3-5 Babygebärden aus, mit denen du beginnen willst. Kinder imitieren meistens die Gebärden, mit denen sie etwas bewirken können. In der Sprachentwicklung werden diese Wörter als „mächtige Wörter“ bezeichnet und gehören oft zu den ersten Wörtern, die ein Kind sprechen kann. Das sind zum Beispiel:

mehr
nochmal
fertig

Weiter unten zeige ich dir fünf erste Babygebärden.

2. Schritt: Babygebärden üben

Probiere die Gebärden, die du dir ausgesucht hast, zuerst für dich selbst aus, zum Beispiel vor dem Spiegel, damit du sie ohne Nachzudenken anwenden kannst.

3. Schritt: Babygebärden im Alltag mit deinem Kind anwenden

Jetzt geht’s los! Starte zunächst mit einer Gebärde. Verwende sie nun immer, wenn du auch das Wort sprichst. Wichtig ist, dass du gleichzeitig zur Gebärde auch das Wort sprichst, damit dein Kind Gebärde und Wort miteinander verknüpft. Bevor dein Kind die Gebärde selbst benutzt, muss es die Bedeutung der Gebärde verstanden und die Bewegungen gespeichert haben. Deshalb sind viele Wiederholungen nötig.

Richtig schön finde ich die Daumenkinos von „talking hands“. Beim Betrachten der Daumenkinos kannst du die gezeigte Gebärde mit deinem Kind zusammen lernen.

Babygebärden mit den Daumenkinos von Talking Hands lernen
Viele Kinder schauen sich die Daumenkinos von talking hands von sich aus immer wieder an und lernen so ganz nebenbei die Gebärden.

Sobald du dich an den Gebrauch dieser ersten Gebärde gewöhnt hast, kannst du mit einer zweiten Gebärde starten.

Wird dein Kind außer von euch Eltern auch von Opa, Opa, Erzieher*innen oder Tageseltern betreut? Dann ist es sinnvoll, diesen Bezugspersonen deines Kindes ebenfalls die wichtigsten Gebärden zu zeigen.

Viele Geschwisterkinder finden es ebenfalls toll, die Babyzeichensprache zu lernen und der kleinen Schwester oder dem kleinen Bruder beim Kommunizieren zu helfen.

Je öfter dein Kind die Gebärde sieht und das Wort dazu hört, desto besser. Allerdings sollte die Babygebärde sinnvoll eingesetzt werden (dann, wenn du auch das Wort zur Gebärde verwendest) und zur Situation passen. Nicht sinnvoll ist es bringt, deinem Kind wie beim Vokabellernen die Gebärde ohne Zusammenhang zu zeigen, denn dann kann dein Kind nicht die Bedeutung der Gebärde verstehen.

4. Schritt: Durchhalten

Am Anfang fühlt es sich vielleicht ungewohnt an, beim Sprechen plötzlich auch zu gebärden. Oft dauert es ein paar Wochen oder sogar Monate, bis ein Kind beginnt, eine Gebärde auch zu verwenden – das kann verunsichern. Du beginnst vielleicht zu denken: Bringt das überhaupt was? Bemerkt mein Kind überhaupt die Gebärden, die ich mache?

Halte durch. Sobald du siehst, dass dein Kind eine gebärdenähnliche Bewegung macht, reagiere darauf.

Vor allem bei jüngeren Babys oder bei Kindern mit Bewegungseinschränkungen ist die Gebärde anfangs oft noch unklar oder vereinfacht. Das macht nichts – wichtiger als die exakte Ausführung ist der Erfolg, sich mitteilen zu können.

Wenn du dir unsicher bist, welche Gebärde dein Kind gezeigt hat, dann frage nach. So hört dein Kind auch nochmal das passende Wort zur Gebärde.

Babygebärden sind nicht immer eindeutig.
Kinder vereinfachen Gebärden anfangs oft.

Du selbst brauchst die Gebärden nicht zu vereinfachen oder zu verändern. Mit der Zeit wird dein Kind sich immer weiter an die richtige Bewegung annähern. 

Ab wann kann ich mit Babygebärden beginnen?

Viele Eltern beginnen zwischen 6 und 12 Monaten mit den ersten Babygebärden. Es spricht jedoch nichts dagegen, schon von Geburt an ein paar Wörter mit Gebärden zu begleiten. Auch wenn dein Kind die Bewegung noch nicht imitieren kann, nimmt es die Gebärde trotzdem wahr und merkt sie sich.

Annika Böhmer ist Leiterin von Zwergensprachkursen am Bodensee. 

Sie erzählt: „Mit 5 Monaten hat meine Kleine zum ersten Mal die Gebärde für MILCH nachgeahmt. Das ist das Babyzeichen Nr. 1 in unserem Alltag. Inzwischen ist sie 15 Monate alt und möchte immer noch oft gestillt werden. Und so kann sie es in Ruhe ausdrücken, ohne mir direkt das T-Shirt runterzuziehen oder zu weinen.“

Ich erziehe mein Kind mehrsprachig. Kann ich zusätzlich Babygebärden verwenden?

Babygebärden sind eine großartige Möglichkeit, die verschiedenen Sprachen miteinander zu verbinden. Denn Gebärden sind oft so bildhaft, dass Sprecher unterschiedlicher Sprachen sie intuitiv verstehen. So kann die Babyzeichensprache wie eine Brücke zwischen den Familiensprachen sein.

Lidias Tochter wächst mit den Familiensprachen Französisch und Italienisch und zusätzlich Deutsch auf da die Familie in Deutschland lebt. Lidia erzählt:

Mit meiner Tochter rede ich Französisch, Papa redet Italienisch mit ihr. Wir verwenden die gleichen Babyzeichen, auch wenn die Sprachen anders sind. Wenn ich auf französisch sage: „Möchtest du etwas essen?“ (und die Gebärde für ESSEN mache) und der Papa genauso auf italienisch, versteht sie durch die Gebärde, was „essen“ in beiden Sprachen bedeutet und verknüpft das Zeichen mit beiden Worten.“

Auf Lidias Instagram-Account @in_your_hands_lidia findest du viele Infos zu Babygebärden und mehrsprachiger Erziehung.

Mein Kind ist schon 2 Jahre alt. Lohnen sich Babygebärden noch?

Auch mit einem Kleinkind kannst du noch beginnen, die Babyzeichensprache zu nutzen. Vor allem für Kinder, die noch nicht sprechen können, sind Babygebärden sehr wertvoll. 

Babygebärden können Late Talkern helfen, sich verstanden zu fühlen und zumindest die wichtigsten Botschaften kommunizieren zu können. Das hilft gegen sprachbedingte Wutanfälle und stärkt das Selbstwertgefühl. 

Außerdem wirken Gebärden sprachfördernd, weil sie Wort und Bewegung miteinander verknüpfen (so können Worte leichter gemerkt werden) und die Aufmerksamkeit für Sprache erhöhen. Gebärden bewirken oft auch, dass Eltern etwas langsamer sprechen und die Schlüsselworte im Satz mehr betonen. 

Carolins Sohn ist Late Talker. Da sie selbst Leiterin für Kurse zur Babyzeichensprache (www.familienraum.de) ist, hat er von ihr Babygebärden gelernt. Inzwischen ist Carolin sehr froh, dass sich ihr Sohn mit Gebärden verständigen kann, da er bisher nur ca. 10 Wörter spricht:

Durch den Mix aus Zeichen, Mimik, Gestik und seinen Geräuschen und den Handvoll Wörtern verstehen wir zu 98%, was er sagen will.“

Was mache ich, wenn mein Kind keine Babygebärden imitiert?

Bei manchen Kindern dauert es Wochen (bei jüngeren Babys manchmal auch Monate), bis sie die Babygebärden von sich aus verwenden. Gib nicht auf! Oft wird es erst im Kleinkindalter besonders wichtig, dass ihr euch mit Gebärden verständigen könnt. 

Wichtig ist auch, dass du die ersten Gebärdenversuche nicht übersiehst. Oft wird anfangs nur ein Teil einer Gebärde verwendet (z.B. nur das Drehen der Hand für „nochmal“). Wenn du sofort auf diese Gebärde reagierst, ist das ein großes Erfolgserlebnis für dein Kind und wird ihm zeigen, was es mit Gebärden bewirken kann.

Kira vom Instagram-Account @wunder.wunschkind erzählt über ihren Sohn Lennard: 

Lennard hat Trisomie 21 und lernt, seit er 8 Wochen alt ist, die Gebärden. Er hat ewig kein Interesse daran gehabt, dachte ich zumindest, aaaaber seitdem wir ein Aupair haben, zeigt dieser besonders einfühlsame kleine Kerl, was er alles drauf hat, denn er hat sich die Gebärden die letzten zwei Jahre so eingeprägt, dass er unserem Aupair nun auf seiner Sprache mitteilt, was ihn beschäftigt: 

Sei es das Bedürfnis zu trinken, zu essen, zu spielen oder zusammen das Buch zu lesen. Lennard erzählt mit Gebärden, was er sieht und was er möchte und unser Aupair versteht ihn aktuell noch besser, als wenn ich es ihr auf Deutsch erklären würde.“

Fünf erste Babygebärden

Hier findest du die Babygebärden für folgende Wörter:

  • Mama
  • mehr
  • fertig
  • Milch/stillen
  • weh tun/Aua

Babygebärden sind angelehnt an die Deutsche Gebärdensprache. 

Ich habe die Gebärden aus dem Buch von Simone Kostka und Vivian König „Babyzeichen-Basics“ übernommen. Diese sind zum Teil aus der Amerikanischen Gebärdensprache (siehe auch der Kommentar von Ariane Wietschke unter dem Blogartikel). Weitere Adressen, Websites und Kurse empfehle ich weiter unten.

Babygebärde Mama Babyzeichen Baby Sign
Gebärde für "Mama" oder andere weibliche Bezugspersonen
babygebärde mehr
Gebärde für "mehr"
babygebärde fertig genug
Diese Gebärde für "fertig" ist sehr nützlich, wenn du dir unsicher bist, ob dein Kind noch mehr essen möchte, noch länger baden möchte oder von anderen Dingen "genug" hat.
Babygebärde Milch stillen Fläschchen
Mit dieser Gebärde kann dein Kind dir zeigen, dass es gestillt werden will bzw. Milch trinken möchte.
Babygebärde weh tun Schmerz aua
Mit dieser Gebärde kann dein Kind dir zeigen, dass es Schmerzen hat.

Wo finde ich weitere Informationen und Kurse?

Ariane Wietschke von Binilingo hat viele informative Artikel über Baby- und Kleinkindgebärden auf ihrer Website. Sie bietet verschiedene Onlinekurse an und hat eine aktive Facebookgruppe für Eltern. Update: Im Januar 2023 habe ich ein Interview mit Ariane geführt. Sie erzählt darin, wie ihre eigene Geschichte mit Babygebärden begann und teilt Tipps für Gebärden-Anfänger:innen.

Auch bei der Pädagogin Wiebke Gericke, der Gründerin von BabySigns findest du empfehlenswerte Onlinekurse und Bücher über Babygebärden.

Auf der Website der Zwergensprache findest du Videos, Anleitungen für Spiele und Lieder mit Babyzeichen und auch Infos über eine Ausbildung zur Kursleiterin für Babygebärden.

Bei „Sprechende Hände“ können die „Otto-Bücher“ bestellt werden, die kleinkindgerecht Gebärden im Alltag zeigen. Dort finden sich auch viele weitere Infos und Anleitungen.

Bei „talking hands“ gibt es wunderschön gestaltete Daumenkinos und Poster mit Gebärden (Affiliate-Link).

Einen interessanten Erfahrungsbericht über Babygebärden bei einem Kind, das spät zu sprechen begonnen hat, kannst du auf dem Blog „Das gewünschteste Wunschkind“ lesen.

 

Ich wünsche dir und deinem Kind viel Spaß beim Lernen der Babyzeichensprache!

2 Kommentare zu „Babygebärden lernen: Einfache Anleitung zur Babyzeichensprache“

  1. Liebe Wiebke, vielen Dank für die Erwähnung.

    Ich möchte gern noch ein paar Gedanken ergänzen.

    Mehr, nochmal, fertig sind nicht nur mächtige Wörter, sondern auch mächtige Gebärden.
    Es lohnt sich auf jeden Fall, die immer mit auf dem Schirm zu haben.

    Einige Gebärden unterscheiden sich von denen, die ich nutze. Das ist grundsätzlich nicht ungewöhnlich, da es, wie in der gesprochenen Sprache, auch in der Gebärdensprache Dialekte gibt.

    Was mir aber immer wichtig ist zu sagen, ist dass die Gebärde für MEHR nicht aus der Deutschen Gebärdensprache kommt.
    Die hat Vivian wohl aus der Amerikanischen Gebärdensprache (ASL) mitgebracht 😉.
    Sie ist aber in Deutschland weit verbreitet, also da darf man ruhig für sich entscheiden.
    Fertig sieht mir auch sehr nach ASL aus.
    Das gebärdet man in Deutschland anders.

    Grundsätzlich empfehle ich, Gebärden aus der Deutschen Gebärdensprache zu verwenden und möglichst nicht zu vereinfachen. Schau mal, du vereinfachst die Worte doch auch nicht, wenn du sprichst, sondern sprichst normal und korrekt mit deinem Kind. Nur so kann es auch die richtigen Wörter (und Gebärden) lernen und das wird es. Es ist eben ein Prozess. Warum Gebärden aus der DGS außerdem sinnvoll sind, habe ich auch mal verbloggt: https://www.binilingo.de/warum-du-gebaerden-aus-der-deutschen-gebaerdensprache-verwenden-solltest/

    Nochmal als 2-händige Gebärde find ich ja spannend. Kenne sie nur einhändig und das ist gerade im Alltag mit Baby, das man oft auf dem Arm hat, auch meist leichter 😉.

    Helfen ist übrigens eine sehr spannende Gebärde, eine sogenannte gerichtete Gebärde. Durch die Richtung, in die man die Fäuste mit den gestreckten Daumen bewegt, zeigt man, wer wem hilft.
    „Ich helfe dir“ = Bewegung von mir zum anderen
    „Du hilfst mir“ (oder „hilfst du mir?“) = Bewegung vom anderen zu mir hin.

    Es spricht nicht nur nichts dagegen, schon von Geburt an Gebärden zu verwenden, es ist sogar sehr empfehlenswert, weil so schon von Anfang an sehr wichtige Lernprozesse stattfinden können und die Kleinen vielleicht schon früher zurückgebärden, als wenn man erst mit nem halben Jahr startet.
    Braucht aber dann auch viel Geduld und Durchhaltevermögen.

    Am besten man startet, sobald man sich selbst bereit fühlt 🥰

    1. Liebe Ariane, ganz herzlichen Dank für dein ausführliches Feedback! Das sind sehr wertvolle Hinweise und Ergänzungen von dir – danke für deine Mühe!
      Inzwischen habe ich auch von anderer Seite erfahren, dass ich hier deutsche und amerikanische Gebärdensprache mische – da ist bei mir wohl im Laufe der Zeit eine Gebärdensprache-Mischung passiert.

      Ich werde den Blogartikel noch um Hinweise ergänzen, um welche Gebärde aus welcher Gebärdensprache es sich handelt.

      Als Logopädin habe ich übrigens die Gebärdenunterstütze Kommunikation (GuK) gelernt, die sehr ähnlich zu den hier gezeigten Gebärden ist und in der Praxis vor allem bei Kindern mit Behinderungen genutzt wird.

      Herzliche Grüße
      Wiebke

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Wiebke Schomaker Logopädin

Hallo, hier schreibt Wiebke!

Ich bin Logopädin, Autorin dieses Blogs und Mutter von drei Kindern. Hier findest du Infos zur Sprachentwicklung und Tipps, wie du dein Kind beim Sprechenlernen kompetent und spielerisch begleiten kannst.

Viel Spaß beim Lesen! 🤩

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