Babygebärden lernen: Eine Anleitung in 4 einfachen Schritten

Du willst deinem Baby oder Kleinkind die Babyzeichensprache beibringen, aber weißt nicht, wie du anfangen sollst? Hier findest du eine einfache Anleitung für den Start mit Babygebärden. Außerdem beantworte ich die häufigsten Fragen zur Babyzeichensprache und zeige dir fünf Gebärden, mit denen du beginnen kannst.

1. Wie kann ich meinem Kind Babygebärden zeigen?

1. Schritt: Babygebärden auswählen

Suche dir 3-5 Babygebärden aus, mit denen du beginnen willst. Kinder imitieren meistens die Gebärden, mit denen sie etwas bewirken können. In der Sprachentwicklung werden diese Wörter als „mächtige Wörter“ bezeichnet und gehören oft zu den ersten Wörtern, die ein Kind sprechen kann. Das sind zum Beispiel:

mehr
nochmal
fertig

Weiter unten zeige ich dir fünf erste Babygebärden.

2. Schritt: Babygebärden üben

Probiere die Gebärden zuerst für dich selbst, zum Beispiel vor dem Spiegel, damit du sie ohne Nachzudenken anwenden kannst. 

3. Schritt: Babygebärden im Alltag mit deinem Kind anwenden

Jetzt geht’s los! Beginne, die ausgewählten Gebärden immer dann anzuwenden, wenn du auch das Wort sprichst.  Wichtig ist, dass du gleichzeitig zur Gebärde auch das Wort sprichst, damit dein Kind Gebärde und Wort miteinander verknüpft. 

Um daran zu denken, Babygebärden zu verwenden, kannst du Erinnerungszettel in eurer Wohnung verteilen, zum Beispiel einen Zettel für „mehr“, „essen“, „trinken“ und „fertig“ neben den Essenstisch.

Wird dein Kind außer von euch Eltern auch von Opa, Opa, Erzieher*innen oder Tageseltern betreut? Dann ist es sinnvoll, diesen Bezugspersonen deines Kindes ebenfalls die wichtigsten Gebärden zu zeigen.

Viele Geschwisterkinder finden es ebenfalls toll, die Babyzeichensprache zu lernen und der kleinen Schwester oder dem kleinen Bruder beim Kommunizieren zu helfen.

Je öfter dein Kind die Gebärde sieht und das Wort dazu hört, desto besser. Allerdings sollte die Babygebärde sinnvoll eingesetzt werden und zur Situation passen (es bringt also wenig, deinem Kind wie beim Vokabellernen die Gebärde ohne Zusammenhang immer und immer wieder zu zeigen).

Richtig schön finde ich die Bilderbücher „Otto“ vom Verlag Kindergebärden. In „Otto spielt“ oder „Otto kauft ein“ werden passende Gebärden zur Situation gezeigt, so dass du sie mit deinem Kind zusammen lernen und während des Bilderbuchbetrachtens verwenden kannst.

4. Schritt: Durchhalten

Am Anfang fühlt es sich vielleicht ungewohnt an, beim Sprechen plötzlich auch zu gebärden. Oft dauert es ein paar Wochen, bis ein Kind beginnt, eine Gebärde auch zu verwenden – das kann verunsichern. Du beginnst vielleicht zu denken: Bringt das überhaupt was? Bemerkt mein Kind überhaupt die Gebärden, die ich mache?

Halte durch. Sobald du siehst, dass dein Kind eine gebärdenähnliche Bewegung macht, reagiere darauf.

Vor allem bei jüngeren Babys oder bei Kindern mit Bewegungseinschränkungen ist die Gebärde anfangs oft noch unklar oder vereinfacht. Das macht nichts – wichtiger als die exakte Ausführung ist der Erfolg, sich mitteilen zu können.

Babygebärden sind nicht immer eindeutig.
Wenn du dir unsicher bist, welche Gebärde dein Kind gezeigt hat, dann frage nach. So hört dein Kind auch nochmal das passende Wort zur Gebärde.

2. Fünf erste Babygebärden

Hier findest du die Babygebärden für folgende Wörter:

  • Mama
  • mehr
  • fertig
  • Milch/stillen
  • weh tun/Aua

Babygebärden sind angelehnt an die Deutsche Gebärdensprache. 

Ich habe die Gebärden aus dem Buch von Simone Kostka und Vivian König „Babyzeichen-Basics“ übernommen. Diese sind zum Teil aus der Amerikanischen Gebärdensprache (siehe auch der Kommentar von Ariane Wietschke unter dem Blogartikel). Weitere Adressen, Websites und Kurse empfehle ich dir weiter unten.

Babygebärde Mama Babyzeichen Baby Sign
Gebärde für "Mama" oder andere weibliche Bezugspersonen
babygebärde mehr
Gebärde für "mehr"
babygebärde fertig genug
Diese Gebärde für "fertig" ist sehr nützlich, wenn du dir unsicher bist, ob dein Kind noch mehr essen möchte, noch länger baden möchte oder von anderen Dingen "genug" hat.
Babygebärde Milch stillen Fläschchen
Mit dieser Gebärde kann dein Kind dir zeigen, dass es gestillt werden will bzw. Milch trinken möchte.
Babygebärde weh tun Schmerz aua
Mit dieser Gebärde kann dein Kind dir zeigen, dass es Schmerzen hat.

3. Häufige Fragen zur Babyzeichensprache

Ab wann kann ich mit Babygebärden beginnen?

Viele Eltern beginnen zwischen 6 und 12 Monaten mit den ersten Babygebärden. Es spricht jedoch nichts dagegen, schon von Geburt an ein paar Wörter mit Gebärden zu begleiten. Auch wenn dein Kind die Bewegung noch nicht imitieren kann, nimmt es die Gebärde trotzdem wahr und merkt sie sich.

Mein Kind ist schon 2 Jahre alt, spricht aber noch nicht. Kann ich jetzt noch mit der Babyzeichensprache anfangen?

Ja, auch mit einem Kleinkind kannst du noch beginnen, die Babyzeichensprache zu nutzen. Vor allem für Kinder, die noch nicht sprechen können, sind Babygebärden sehr sinnvoll. 

Babygebärden können Late Talkern helfen, sich verstanden zu fühlen und zumindest die wichtigsten Botschaften kommunizieren zu können. Das hilft gegen sprachbedingte Wutanfälle und stärkt das Selbstwertgefühl. 

Außerdem wirken Gebärden sprachfördernd, weil sie Wort und Bewegung miteinander verknüpfen und die Aufmerksamkeit für Sprache erhöhen.

Was mache ich, wenn mein Kind keine Babygebärden imitiert?

Bei manchen Kindern dauert es Wochen (bei jüngeren Babys manchmal auch Monate), bis sie die Babygebärden von sich aus verwenden. Gib nicht auf! Oft wird es erst im Kleinkindalter besonders wichtig, dass ihr euch mit Gebärden verständigen könnt. Du wirst dann sehr froh sein, wenn sich dein Kind über Gebärden mitteilen kann, vor allem, wenn dein Kind ein Late Talker sein sollte.

Wichtig ist auch, dass du die ersten Gebärversuche nicht übersiehst. Oft wird anfangs nur ein Teil einer Gebärde verwendet (z.B. nur das Drehen der Hand für „nochmal“). Wenn du sofort auf diese Gebärde reagierst, ist das ein großes Erfolgserlebnis für dein Kind und wird ihm zeigen, was es mit Gebärden bewirken kann.

Wo finde ich weitere Informationen und Kurse?

Ariane Wietschke von Binilingo hat viele informative Artikel über Baby- und Kleinkindgebärden auf ihrer Website. Sie bietet verschiedene Onlinekurse an und hat eine aktive Facebookgruppe für Eltern. Update: Im Januar 2023 habe ich ein Interview mit Ariane geführt. Sie erzählt darin, wie ihre eigene Geschichte mit Babygebärden begann und teilt super Tipps für Gebärden-Anfänger:innen.

Auch bei der Pädagogin Wiebke Gericke, der Gründerin von BabySigns findest du empfehlenswerte Onlinekurse und Bücher über Babygebärden.

Auf der Website der Zwergensprache findest du Videos, Anleitungen für Spiele und Lieder mit Babyzeichen und auch Infos über eine Ausbildung zur Kursleiterin für Babygebärden.

Bei „Sprechende Hände“ können die schönen „Otto-Bücher“ bestellt werden, die kleinkindgerecht Gebärden im Alltag zeigen. Dort finden sich auch viele weitere Infos und Anleitungen.

Einen interessanten Erfahrungsbericht über Babygebärden bei einem Kind, das spät zu sprechen begonnen hat, kannst du auf dem Blog „Das gewünschteste Wunschkind“ lesen.

 

Ich wünsche dir und deinem Kind viel Spaß beim Lernen der Babyzeichensprache!

2 Kommentare zu „Babygebärden lernen: Anleitung zur Babyzeichensprache in 4 einfachen Schritten“

  1. Liebe Wiebke, vielen Dank für die Erwähnung.

    Ich möchte gern noch ein paar Gedanken ergänzen.

    Mehr, nochmal, fertig sind nicht nur mächtige Wörter, sondern auch mächtige Gebärden.
    Es lohnt sich auf jeden Fall, die immer mit auf dem Schirm zu haben.

    Einige Gebärden unterscheiden sich von denen, die ich nutze. Das ist grundsätzlich nicht ungewöhnlich, da es, wie in der gesprochenen Sprache, auch in der Gebärdensprache Dialekte gibt.

    Was mir aber immer wichtig ist zu sagen, ist dass die Gebärde für MEHR nicht aus der Deutschen Gebärdensprache kommt.
    Die hat Vivian wohl aus der Amerikanischen Gebärdensprache (ASL) mitgebracht 😉.
    Sie ist aber in Deutschland weit verbreitet, also da darf man ruhig für sich entscheiden.
    Fertig sieht mir auch sehr nach ASL aus.
    Das gebärdet man in Deutschland anders.

    Grundsätzlich empfehle ich, Gebärden aus der Deutschen Gebärdensprache zu verwenden und möglichst nicht zu vereinfachen. Schau mal, du vereinfachst die Worte doch auch nicht, wenn du sprichst, sondern sprichst normal und korrekt mit deinem Kind. Nur so kann es auch die richtigen Wörter (und Gebärden) lernen und das wird es. Es ist eben ein Prozess. Warum Gebärden aus der DGS außerdem sinnvoll sind, habe ich auch mal verbloggt: https://www.binilingo.de/warum-du-gebaerden-aus-der-deutschen-gebaerdensprache-verwenden-solltest/

    Nochmal als 2-händige Gebärde find ich ja spannend. Kenne sie nur einhändig und das ist gerade im Alltag mit Baby, das man oft auf dem Arm hat, auch meist leichter 😉.

    Helfen ist übrigens eine sehr spannende Gebärde, eine sogenannte gerichtete Gebärde. Durch die Richtung, in die man die Fäuste mit den gestreckten Daumen bewegt, zeigt man, wer wem hilft.
    „Ich helfe dir“ = Bewegung von mir zum anderen
    „Du hilfst mir“ (oder „hilfst du mir?“) = Bewegung vom anderen zu mir hin.

    Es spricht nicht nur nichts dagegen, schon von Geburt an Gebärden zu verwenden, es ist sogar sehr empfehlenswert, weil so schon von Anfang an sehr wichtige Lernprozesse stattfinden können und die Kleinen vielleicht schon früher zurückgebärden, als wenn man erst mit nem halben Jahr startet.
    Braucht aber dann auch viel Geduld und Durchhaltevermögen.

    Am besten man startet, sobald man sich selbst bereit fühlt 🥰

    1. Liebe Ariane, ganz herzlichen Dank für dein ausführliches Feedback! Das sind sehr wertvolle Hinweise und Ergänzungen von dir – danke für deine Mühe!
      Inzwischen habe ich auch von anderer Seite erfahren, dass ich hier deutsche und amerikanische Gebärdensprache mische – da ist bei mir wohl im Laufe der Zeit eine Gebärdensprache-Mischung passiert.

      Ich werde den Blogartikel noch um Hinweise ergänzen, um welche Gebärde aus welcher Gebärdensprache es sich handelt.

      Als Logopädin habe ich übrigens die Gebärdenunterstütze Kommunikation (GuK) gelernt, die sehr ähnlich zu den hier gezeigten Gebärden ist und in der Praxis vor allem bei Kindern mit Behinderungen genutzt wird.

      Herzliche Grüße
      Wiebke

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Ich bin Wiebke Schomaker. Als Logopädin und Expertin für Sprachförderung habe ich den Elternblog "Starke Sprache" gegründet. Bei mir erfährst du, wie du dein Kind in seiner Sprachentwicklung begleiten und spielerisch unterstützen kannst.
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