Dein Kind ist zwei Jahre alt und spricht nur wenig oder noch gar nicht? Dann könnte dein Kind ein Late Talker sein.
Late Talker sind Kinder, die mit 24 Monaten weniger als 50 Wörter sprechen können und keine Zweiwortsätze benutzen (Definition nach Rescorla 1989).
Was ist ein Late Talker nicht?
- Late Talker sind nicht sprechfaul.
- Late Talker sind nicht weniger intelligent als andere Kinder.
- Late Talker wurden nicht zu wenig gefördert.
Inhalt des Artikels
Welche Wörter zählen zu den ersten 50 Wörtern?
Neben typischen ersten Wörtern wie „Mama“ und „Papa“ gehören auch folgende Wörter zum ersten Wortschatz:
- Falsch ausgesprochene Wörter („Tate“ für Katze).
- Lautmalereien (z.B. „sss“ für Schlange)
- kindliche Wortformen („hamham“ für essen)
- Gebärden mit einer festen Bedeutung
Alle Wörter oder Gebärden, die dein Kind von sich aus benutzt, gehören zum aktiven Wortschatz (nachgesprochene Wörter, die dein Kind noch nicht von sich aus benutzt, gehören also nicht dazu).
Die Anzahl der Wörter ist übrigens nicht für sich alleine aussagekräftig. Noch wichtiger sind die Vorläuferfähigkeiten fürs Sprechen – also die Fähigkeiten, die ein Kind braucht, um mit dem Sprechen zu beginnen.
Das sind unter anderem:
- dass dein Kind Sprache altersgerecht verstehen kann
- dass dein Kind Gebärden nutzt, zum Beispiel auf etwas zeigt
- dass dein Kind mit dir kommuniziert
- dass dein Kind dich imitiert (einzelne Wörter, aber auch Bewegungen oder Mimik)
Was sind Zweiwortsätze?
Ungefähr zeitgleich mit Erreichen der ersten 50 Wörter beginnen Kinder, zwei Wörter miteinander zu kombinieren, zum Beispiel so:
„Mama Arm!“
„Noah hamham!“
„Ball haben!“
Zweiwortsätze sind ein wichtiger Meilenstein in der Sprachentwicklung weil dein Kind jetzt verstanden hat: „Ich kann Wörter miteinander kombinieren und es entsteht etwas Neues aus den einzelnen Wörtern“.
Dein Kind hat mit Hilfe von Zweiwortsätzen nun viel mehr Möglichkeiten, sich mitzuteilen.
Eine Vorstufe der Zweiwortsätze ist übrigens die Kombination eines Wortes mit einer Gebärde. Wenn dein Kind zum Beispiel „Mama“ ruft und dabei die Arme hochhebt (als Gebärde für „Nimm mich auf den Arm!“), dann kombiniert es ein Wort mit einer Gebärde und ist damit auf dem Weg zu ersten Zweiwortsätzen.
Unter anderem aus diesem Grund sind Babygebärden besonders sprachförderlich.
Mein Kind ist Late Talker - was nun?
Die Definition „Late Talker“ ist keine medizinische Diagnose, sondern ein Hinweis, genauer auf die Sprachentwicklung zu schauen.
Ungefähr 10-15 % aller Kinder sind Late Talker. Und tatsächlich holt ungefähr ein Drittel der Late Talker den Rückstand ohne besondere Sprachförderung bis zum dritten Geburtstag vollständig auf. Die Aussage „Das kommt schon noch!“ trifft also tatsächlich auf einige der Late Talker zu.
Was ist mit den Kindern, die auch mit 3 Jahren ihren sprachlichen Rückstand noch nicht aufgeholt haben? In diesem Alter haben Kinder normalerweise die wichtigsten Meilensteine des Spracherwerbs erreicht und befinden sich mitten im „Warum?“-Fragealter. Für dreijährige Kinder ist es sehr frustrierend, wenn sie kaum verstanden werden oder nur in wenigen Worten mitteilen können, was sie brauchen oder fühlen. Und für die Eltern auch.
Das bedeutet: Ein später Sprechbeginn kann das früheste Symptom für eine Sprachentwicklungsstörung (oder andere Entwicklungsstörungen) sein, muss es aber nicht.
Diese vage Aussage beruhigt Eltern verständlicherweise nicht. Deshalb ist es wichtig, genau zu prüfen, ob es neben dem späten Sprechbeginn weitere Hinweise für ein erhöhtes Risiko gibt, eine Sprachentwicklungsstörung zu entwickeln. Deshalb wird in einer logopädischen Diagnostik genau geschaut, ob ein Late Talker die Vorläuferfähigkeiten schon entwickelt hat oder ob es in einem dieser Bereiche Unterstützung braucht.
3 Tipps, was du tun kannst, wenn dein Kind noch wenig spricht:
Tipp 1: Lass kontrollieren, wie gut dein Kind hören kann! Denn wenn sich zum Beispiel durch häufige Erkältungen Feuchtigkeit hinter dem Trommelfell gesammelt hat, hört dein Kind die Sprache nur dumpf und hat es schwerer, Wörter richtig zu verstehen und zu sprechen. Hier erfährst du mehr über die Zusammenhänge von Paukenergüssen und Sprachauffälligkeiten.
Tipp 2: Nicht mit Druck fördern. Denn dadurch entstehen oft ungünstige Verhaltensweisen, die die Sprachentwicklung eher hemmen statt fördern. Ungünstig ist zum Beispiel:
- Wörter nachsprechen zu lassen („Sag mal…“)
- Zu viele Fragen zu stellen („Was ist das?)
- zu viel zu reden, statt dem Kind Zeit zum Antworten zu geben
Hallo, hier schreibt Wiebke!
Ich bin Logopädin, Autorin dieses Blogs und Mutter von drei Kindern. Hier findest du Infos zur Sprachentwicklung und Tipps, wie du dein Kind beim Sprechenlernen kompetent und spielerisch begleiten kannst.
Viel Spaß beim Lesen! 🤩