Sprachfehler bei Kindern: Meine Antworten zu den 5 häufigsten Fragen
Spricht dein Kind manche Wörter falsch aus, vertauscht Buchstaben (Sprachlaute) oder lispelt? Dann kommt hier für dich die Sammlung der 5 häufigsten Fragen zu Sprachfehlern bei Kindern – und meine Antworten als Logopädin.
Das steht im Artikel:
1. Wann können Kinder welche Sprachlaute ("Buchstaben") sprechen?
Die Aussprache von Wörtern ist eine Höchstleistung: Ungefähr 100 Muskeln benötigen wir, um sprechen zu können. Jeder Laut („Buchstabe“) erfordert andere Sprechmuskeln, die sich fein aufeinander abgestimmt bewegen – und das alles in Millisekunden!
Und das ist noch nicht alles: Bevor ein Kind einen Laut sprechen kann, muss dieser Laut gehört, analysiert und in Kategorien (eine Art „Schubladensystem“ für Sprachlaute im Gehirn) einsortiert werden.
Deshalb ist es völlig normal, dass Kinder am Anfang ihrer Sprachentwicklung noch nicht alle Laute sprechen können.

Die ersten Worte bestehen bei vielen Kleinkindern aus einfach zu bildenden Konsonanten, die alle vorne im Mund gebildet werden.
Das sind im Deutschen die Konsonanten M, N, B, P, D und T und die Vokale. Deshalb sind Mama, Papa, da oder Ba (für „Ball“) häufig die ersten Worte, die Kinder sprechen.
Zwischen 2 und 3 Jahren kommen dann viele weitere Laute dazu, so dass die meisten Kinder spätestens im Alter von 3 bis 4 Jahren auch für Fremde schon gut verständlich sind. Die letzten Laute, die Kinder lernen, sind das K und G (weit hinten im Mund) und die Zischlaute SCH und CH.
Eine genaue Übersicht über die Sprachentwicklung der einzelnen Laute erhältst du in meinem Logopädie-Leitfaden: Hier kannst du den Leitfaden für 0€ als PDF-Dokument bekommen.
2. Was sind Ursachen für Aussprachestörungen?
Wie beschrieben ist es ganz normal, dass Kleinkinder noch nicht alle Sprachlaute sprechen können. Wenn Kinder auch mit 3 oder 4 Jahren noch Sprachlaute vertauschen oder weglassen, kann dies verschiedene Ursachen haben. Die häufigsten Gründe für Aussprachestörungen sind:
- Paukenergüsse: Manche Kinder können eine Zeitlang nicht gut hören (z.B. durch Paukenergüsse, die durch eine vergrößerte Rachenmandel oder Mittelohrentzündungen entstehen). Deshalb speichern sie ähnlich klingende Laute wie T und K über den normalen Zeitraum hinaus als „gleich“ ab. Diese falsche Speicherung bleibt oft bestehen, auch wenn das Kind wieder gut hört. Hier erfährst du mehr über die Zusammenhänge von Paukenergüsse, Polypen und die Sprachentwicklung.
- Angeborene Schwerhörigkeit: Eine leichte Schwerhörigkeit wird oft erst spät entdeckt. Denn Kinder können leichte Höreinschränkungen oft gut kompensieren – aber feine Unterschiede zwischen Sprachlauten werden nicht gehört. Deshalb sind Aussprachefehler oft das erste Symptom für eine leichte oder einseitige Schwerhörigkeit.
- Sprachverarbeitung: Bei manchen Kindern liegt eine Schwäche in der Sprachverarbeitung vor. Diese Schwäche wird vererbt und kann sich in Form einer Sprachentwicklungsstörung auch in Aussprachefehlern zeigen.
- Falsches Schluckmuster: Wenn ein Kind lispelt oder insgesamt undeutlich spricht, kann ein falsches Schluckmuster (eine sog. Myofunktionelle Störung) die Ursache sein.
- Auch organische Ursachen wie eine Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte können zu Auffälligkeiten in der Aussprache führen.
3. Mein Kind lispelt. Bis wann gehört Lispeln zur normalen Sprachentwicklung?
Beim Lispeln (Sigmatismus) wird kein Laut ersetzt, wie bei Aussprachefehlern, sondern der Laut wird fehlgebildet. Untersuchungen zeigen, dass bis zu 35% aller Kinder mit 5 Jahren den S-Laut fehlerhaft bilden: Mit der Zunge zwischen oder an den Zähnen.
Damit ist das Lispeln der häufigste Aussprachefehler – nicht nur bei Kindern.
Ab 5 Jahren ist eine Therapie des Lispelns gut möglich. Manche plädieren dafür, den Zahnwechsel abzuwarten, weil das Lispeln dabei manchmal noch von selbst verschwindet. Meiner Erfahrung nach ist dies jedoch selten der Fall.
Manchmal liegt dem Lispeln ein falsches Schluckmuster zugrunde. Dabei wird die Zunge bei jedem Schlucken gegen die Zähne gedrückt. Diese sog. Myofunktionelle Störung sollte logopädisch behandelt werden, um Zahnfehlstellungen zu vermeiden. Auch eine insgesamt „verwaschene“ Aussprache, ein offener Biss und/oder Mundatmung können auf eine myofunktionelle Störung hindeuten.
In meinem Artikel „Warum Kinder lispeln und ab wann du handeln solltest“ gehe ich genauer auf die Ursachen des Sigmatismus ein.
4. Mein Kind vertauscht noch Buchstaben. Ab wann ist logopädische Therapie sinnvoll?
Um diese Frage beantworten zu können, ist es wichtig, genau hinzuschauen, welche Laute ein Kind wie vertauscht. Denn es gibt verschiedene Arten von Aussprachefehlern:
- Phonetische Fehler (Fehlbildungen von Lauten, im Deutschen v.a. das Lispeln)
- Phonologische Verzögerung
- Phonologische Störung
- Verbale Entwicklungsdyspraxie
Phonologische Verzögerung
Wenn ein älteres Kind Wörter noch so ausspricht wie ein jüngeres Kind, wird diese Sprachauffälligkeit Phonologische Verzögerung genannt.
Ein Kind mit einer rein phonologischen Verzögerung kann einen bestimmten Laut eigentlich aussprechen. Das heißt: Die Sprechmotorik ist nicht gestört. Das Problem liegt in der falschen Analyse und Speicherung des Lautes (also an der falschen Schublade, siehe Frage 1).
Die Schubladen für Laute bilden sich ersten nach und nach in der Sprachentwicklung. Deshalb gibt es ganz typische „Fehler“ (phonologische Prozesse), die fast alle Kleinkinder in der frühen Sprachentwicklung machen:
- Das R wird durch ein H ersetzt.
- Das K (G) wird durch T (D) ersetzt.
- Einige Konsonantenverbindungen werden vereinfacht (z.B. „Bume“ statt Blume)
- Das SCH und CH wird durch S ersetzt.
Phonologische Störung
Manchmal passiert es, dass ein Kind Lautersetzungen macht, die nicht in der normalen Sprachentwicklung vorkommen. Diese Kinder haben eine sog. Phonologische Störung.
Häufig sind Kinder mit einer phonologischen Störung schwer verständlich und brauchen dringend frühzeitig logopädische Therapie, denn der Leidensdruck ist oft hoch.
Ein Beispiel für ein Kind mit Phonologischer Störung siehst du auf folgendem Bild:

Verbale Entwicklungsdyspraxie
Eine Verbale Entwicklungsdyspraxie (VED) ist eine seltene Sprechstörung bei Kindern, bei der die Planung von Sprechbewegungen gestört ist. Viele Kinder mit einer VED starten spät mit dem Sprechen, so dass sie anfangs oft für Late Talker gehalten werden.
Ein Kind mit einer VED braucht eine spezielle und intensive Form der Sprachtherapie. Hier findest du mehr Informationen zur Verbalen Entwicklungsdyspraxie.
5. Wie kann ich meinem Kind helfen, Wörter richtig auszusprechen?
Einen guten Einstieg findest du in meinem Artikel über Spielideen bei Aussprachefehlern. Dort gebe ich Tipps, wie du mit deinem Kind zu Hause üben kannst, Sprachlaute zu unterscheiden, um zum Beispiel die Wartezeit auf einen Logopädieplatz zu überbrücken.
Außerdem kann ich dir meinen 15-seitigen Logopädie-Leitfaden ans Herz legen. Dort bekommst du von mir 5 Strategien, mit denen du deinem Kind zu Hause helfen kannst, Aussprachefehler zu überwinden. Hier kannst du dich eintragen, um den Leitfaden für 0€ jetzt in dein E-Mail-Postfach zu bekommen.
Konnte ich auch deine Frage zu Sprachfehlern bei Kindern beantworten? Wenn noch Fragen offen geblieben sind, dann schreib mit gerne einen Kommentar unter diesen Artikel. Ich antworte sehr gerne!
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