FRAGE: Mein Kind ist zwei Jahre alt und spricht viele Wörter noch sehr undeutlich aus. Sie lässt Buchstaben am Wortende weg und man kann sie oft noch nicht verstehen. Ist das noch „normal“?
MEINE ANTWORT: Viele Kinder sprechen mit zwei Jahren noch undeutlich. Das liegt daran, dass meistens noch nicht alle Laute gebildet werden können und Wörter oft noch vereinfacht werden. Typisch sind für zweijährige Kinder auch eigene Wortschöpfungen, die nur enge Bezugspersonen verstehen.
Welche Laute Kinder mit zwei bis drei Jahren sprechen können und ab wann sie logopädische Therapie benötigen könnten, erzähle ich dir hier genauer.
Inhalt des Artikels
Welche Laute können Kinder mit zwei bis drei Jahren schon sprechen?
Die ersten Wörter bestehen bei vielen einjährigen Kleinkindern aus den Vokalen und diesen Konsonanten: M, N, B, P und D. Deshalb sind Mama, Papa, da oder Ba (für „Ball“) häufig die ersten Worte, die Kinder sprechen. Laute, die das Kind in diesem Alter noch nicht sprechen kann, werden meistens einfach weggelassen, so dass die ersten Wörter bei Kinder unter 2 Jahren oft nur für enge Bezugspersonen verständlich sind.
Zwischen 2 und 3 Jahren kommen bei den meisten Kindern viele weitere Laute dazu: W, F, S, L, T, CH-2 (wie in „Dach“) können von 90% aller Kinder bis zum dritten Geburtstag gesprochen werden. Oft gibt es dabei eine längere Übergangsphase, in der ein neuer Laut manchmal schon richtig ausgesprochen wird (zum Beispiel in der Wortmitte oder bei bestimmten Wörtern) und manchmal noch „wie früher“ ausgesprochen wird. In Studien zur Sprachentwicklung zählt ein Laut als erworben, wenn ein Kind diesen in zwei von drei Wörtern richtig einsetzen und sprechen kann.
Mit diesem Lautrepertoire sind die meisten Kinder mit drei Jahren schon ziemlich verständlich und auch Erwachsene, die das Kind nicht kennen, verstehen es nun meistens. Trotzdem treten auch bei Dreijährigen oft noch Lautersetzungen auf.
Welche Laute sprechen Kinder mit 2 bis 3 Jahren oft noch falsch aus?
Spannend ist, dass fast alle zwei- bis dreijährigen Kinder die gleichen Lautersetzungen machen, zum Beispiel:
- K mit T ersetzen (aus Kuchen wird „Tuchen“)
- G mit D ersetzen (aus gelb wird „delb“)
- das vordere CH mit S ersetzen (aus Licht wird „List“)
- SCH mit S ersetzen (aus Schuh wird „Suh“).
Schwierige Wörter vereinfachen Kinder in den ersten zwei bis drei Lebensjahren noch oft, zum Beispiel:
- werden unbetonte Vorsilben weggelassen (aus Elefant wird „Fant“)
- werden letzte Konsonanten weggelassen (aus Vogel wird „Voge“)
- werden Konsonantenverbindungen vereinfacht (aus Schnee wird „Nee“).
Ab wann dein Kind Unterstützung brauchen könnte
Bei den folgenden Beobachtungen in der Sprachentwicklung ist es sinnvoll, genauer hinschauen – egal, wie alt dein Kind ist:
- Dein Kind macht viele Aussprachefehler, die ganz anders klingen als bei gleichaltrigen Kindern (Beispiel: Es ersetzt bei allen Wörtern T mit K). Untypische Aussprachefehler verwachsen sich nicht und sollten rechtzeitig behandelt werden, weil diese Kinder meistens sehr schwer verständlich sind. Hier erfährst du mehr über untypische Aussprachefehler.
- Das Sprechen deines Kindes wirkt mühsam und dein Kind ist sich unsicher, welche Sprechbewegungen es machen muss.
- Dein Kind atmet sehr oft durch den Mund (auch ohne Erkältung) und speichelt viel (auch außerhalb des Zahnens). Mehr über Mundatmung bei Kindern erfährst du hier.
- Dein Kind spricht mit zwei Jahren noch sehr wenige Wörter und keine Zweiwortsätze. Einige Late Talker holen die verzögerte Sprachentwicklung von selbst bis zum dritten Geburtstag auf. Aber nicht alle: Ein später Sprechbeginn erhöht das Risiko für eine Sprachentwicklungsstörung, deshalb ist es gut, bei Late Talkern genauer hinzuschauen. Wenn du mehr über Late Talker wissen willst, dann lies gerne hier weiter.
Was kannst du dann tun?
Der erste Schritt ist, euren Kinderarzt/-Ärztin mit ins Boot zu holen. Zum Beispiel kann es sinnvoll sein, die Hörfähigkeiten zu testen. Denn manchmal versteckt sich eine leichte Schwerhörigkeit hinter einer verzögerten Sprachentwicklung, zum Beispiel durch Paukenergüsse im Ohr. Um Laute richtig aussprechen zu können, ist es wichtig, sie ganz genau hören zu können.
Auch zu Hause kannst du viel dafür tun, um dein Kind bei Aussprachefehlern zu unterstützen. Hole dir gerne meinen 15-seitigen Logopädie-Leitfaden für 0€ mit Tipps zur spielerischen Förderung der Aussprache.
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